Modulation der elektrischen Erregbarkeit sensorischer Neurone durch Funktionsveränderungen von NaV1.9-Kanälen

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2025-02-27

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Spannungsgesteuerte Natriumkanäle (NaVs) sind von entscheidender Bedeutung für die Signalübertragung in elektrisch erregbaren Zellen, wie Muskel- und Nervenzellen. Im Menschen kodieren neun Gene (SCN1A-SCN5A, SCN8A-SCN11A) für die NaV-Subtypen NaV1.1-NaV1.9. NaV1.9 ist neben NaV1.7 und NaV1.8 einer der wesentlichen NaV-Kanäle in sensorischen Afferenzen und nimmt hinsichtlich seiner Funktionseigenschaften eine Sonderstellung innerhalb der NaV-Kanalfamilie ein. Anders als die übrigen NaV-Subtypen sind NaV1.9-Kanäle bereits beim Ruhemembranpotential aktiv und generieren aufgrund ihrer ausgeprägt langsamen Inaktivierungskinetik persistente Na+-Ströme. Die physiologische Relevanz der NaV1.9-Kanäle wird durch zahlreiche Mutationen im dafür kodierenden SCN11A-Gen unterstrichen, die beim Menschen kongenitale Analgesie oder periphere Schmerzattacken auslösen können und oftmals mit ausgeprägten gastrointestinalen Beschwerden einhergehen. Interessanterweise steigern die bekannten und funktionell charakterisierten pathogenen NaV1.9-Varianten die Kanalaktivität und zeigen damit gain-of-function-Eigenschaften. Die Zunahme der Kanalaktivität beruht dabei entweder auf einer verstärkten Kanalaktivierung, einer eingeschränkten Kanalinaktivierung oder der Kombination beider Funktionsveränderungen. Die Datenlage suggeriert, dass insbesondere das Inaktivierungsverhalten der NaV1.9-Varianten entscheidend an der Ausprägung des klinischen Phänotyps beteiligt ist. Die vorliegende Dissertationsschrift ist in drei Themenkomplexe gegliedert, in denen verschiedene Aspekte der Modulation von NaV1.9 untersucht werden. Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung des NaV1.9-C-Terminus für die Kanalinaktivierung. Mittels systematisch erzeugter Kanalchimären und deren detaillierter Analyse in Patch-Clamp-Experimenten wurde ein 100-Aminosäuren umfassender Abschnitt im C-Terminus identifiziert, der die Inaktivierungseigenschaften der Kanäle maßgeblich mitbestimmt. Im zweiten Teil der Arbeit wurden die Funktionseigenschaften mehrerer potenziell pathogener NaV1.9-Varianten untersucht, die bei Patienten mit veränderter Schmerzwahrnehmung identifiziert wurden, und die Varianten hinsichtlich ihrer Krankheitsrelevanz bewertet. Zusätzlich zu einer veränderten Schmerzwahrnehmung gehen pathogene NaV1.9-Varianten beim Menschen regelhaft mit gastrointestinalen Beschwerden einher. Dieser Zusammenhang ist zwar bekannt, doch aufgrund der schwierigen experimentellen Zugänglichkeit enterischer Neurone, kaum untersucht. Um die Auswirkungen krankheitsassoziierter Varianten auf enterische Neurone systematisch untersuchen zu können, wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Verfahren entwickelt, dass die Isolation, Transfektion und systematische elektrophysiologische Analyse enterischer Neurone ermöglicht. Mit Hilfe dieser Methodik wurde die mit Analgesie- und Obstipation assoziierte Variante NaV1.9-L396P erstmals in enterische Neurone eingebracht und funktionell charakterisiert. Es konnte gezeigt werden, dass die NaV1.9-L396P-Kanäle nahezu vollständig inaktivierungsdefizient und somit vermutlich entscheidend an der Ausprägung des klinischen Phänotyps beteiligt sind. Im dritten Teil der Arbeit wurden die Auswirkungen reaktiver Sauerstoffspezies (ROS), die mit Schmerzen unterschiedlichster Ätiologie in Verbindung stehen, auf die Funktion Nozizeptor-spezifischer NaV-Kanäle untersucht. Einerseits bewirken ROS eine Reduktion des Na+-Peakstroms. Andererseits verzögern sie aber auch die physiologisch wichtige Kanalinaktivierung. Diese potenziell proexzitatorische Funktionsveränderung ist bei NaV1.8 besonders stark ausgeprägt, weshalb dieser Kanal lange Zeit als ROS-sensitivster NaV Subtyp galt. Daten zur ROS-Sensitivität der NaV1.9-Kanäle existieren bislang nicht. In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals NaV1.9 hinsichtlich seiner ROS-Sensitivität analysiert und gezeigt, dass er eine ähnlich hohe ROS-Sensitivität wie NaV1.8 aufweist und somit ebenfalls zu den stark ROS-regulierten NaV-Kanälen gezählt werden muss.

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Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin

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